Deutsche Einheit 1871 und Preußen geht fortan in Deutschland auf

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und in: https://www.nationalstaat-deutschland.de/einheit/deutsche-einheit-unter-preussens-hegemonie-preussen-geht-fortan-in-deutschland-auf/

Deutsche Einheit unter Preußens Hegemonie

Das Problem der deutschen Frage, die sich durch das gesamte 19. und, in veränderter Form wiederum auch durch das 20. Jahrhundert zieht, wird schon früh mit preußischen Ambitionen in Verbindung gebracht. So erfindet eine bestimmte Schule der deutschen Geschichtsschreibung, die sogenannte kleindeutsch-borussische unter den Historikern Johann Gustav Droysen, Heinrich Sybel und Heinrich von Treitschke seit den 1840er Jahren für Preußen einen „deutschen Beruf“. Demnach hätte Preußen schon seit den Tagen Friedrichs II. alles dafür getan, einen deutschen Nationalstaat zu schaffen.

Eine solche deutsche Sendung Preußens bereits im 18. Jahrhundert gehört aber mit Sicherheit in das Reich der Legenden, denn vor 1789 interessiert sich niemand für einen deutschen Nationalstaat, schon gar nicht unter den regierenden deutschen Territorialfürsten.

Die deutsche Frage als nationales Problem ist vielmehr eine Folge der Französischen Revolution von 1789 und in deren Gefolge der napoleonischen Besetzung Deutschlands. Diese Ereignisse führen überhaupt erst zu einer Nationalisierung der Politik, dem Erwachen eines deutschen Nationalbewusstseins und einer gemeinsamen nationalen Identität sowie politisch zum Untergang des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Die hier skizzierten Entwicklungen machen zusammen Reformen der nationalen und politischen Verfasstheit innerhalb der deutschen Grenzen in Mitteleuropa notwendig.

Napoleons Einzug in Berlin

Die Besonderheit der deutschen Nationalstaatsbildung des 19. Jahrhunderts liegt in der Problematik begründet, daß Deutschland zu den verspäteten Nationen zählt. Während insbesondere England, Frankreich und auch Spanien im Westen, aber auch das Rußische Reich im Osten Europas bereits seit dem späten Mittelalter, die Vereinigten Staaten von Amerika im späten 18. Jahrhundert, ihre Nationalstaaten ausgebildet haben, ist dies zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Mitteleuropa noch nicht gelungen. Aufgrund der internationalen Mächteinteressen erreichen es weder Italien im Süden noch Deutschland im Norden Mitteleuropas, eine nationalstaatliche Einigung durchzusetzen. Als zusätzliches Erschwernis kommt hinzu, daß mit der aufkommenden Industrialisierung und den Folgeerscheinungen des sich herausbildenden Bürgertums, der Entstehung der Sozialen Frage und des Industrieproletariats der Nationalisierungsprozeß zusätzlich mit emanzipatorischen Forderungen nach freiheitlich-bürgerlichen Rechten sowie der sozialen Verbesserung belastet wird.

Die „deutsche Sendung“ Preußens beginnt im Anschluß an die Besetzung des Landes durch Napoleons Truppen. Nach 1806 bildet sich gerade in Preußen eine Bewegung heraus, die neben der Befreiung des Lan-des vom französischen Usurpator auch weitergehende Forderungen nach einer deutschen Einigung stellt.

Dabei versteigen sich einige Vertreter der preußischen Nationalbewegung wie der „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn oder der Geschichtsprofessor und Dichter Ernst Moritz Arndt, aber auch der Dichter Heinrich von Kleist oder der Philosoph Johann Gottlieb Fichte zu deutschtümelnden und aggressiv-nationalistischen Formulierungen. Allerdings muss betont werden, daß sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Mehrheit der Bevölkerung oder auch der öffentlichen Meinung vertreten sind.

Nach dem Sieg der alten Mächte Preußen, Österreich und Rußland gegen Napoleon und der heranbrechenden Herrschaft der Reaktion gewährt der preußische König Friedrich Wilhelm III. weder die versprochene Verfassung, noch unternimmt er irgendwelche Schritte in Richtung auf eine deutsche Einigung unter Preußens Führung. Vielmehr wird die deutsche Frage durch Preußen in der ersten Hälfte des Jahrhunderts zunächst einmal niedergehalten. Auch der Nachfolger auf dem preußischen Thron, König Friedrich Wilhelm IV., lehnt die ihm 1848/49 von der Frankfurter Nationalversammlung angebotene Kaiserkrone für ein kleindeutsch-preußisch geeintes Deutschland ab.

König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen

Er handelt zu diesem Zeitpunkt aber schon nicht mehr aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, sondern in erster Linie wegen des Zustandekommens der Einigung durch eine parlamentarisch-demokratisch-liberale Bewegung auf revolutionärem Wege mit einer Krone, die den „Ludergeruch der Revolution“ trägt, wie Friedrich Wilhelm sie kennzeichnet.

Interessant zu verfolgen ist der Prozeß, in dem Preußen plötzlich zum begehrtesten Kandidaten für eine deutsche Einigung in Mitteleuropa wird und der alten traditionellen Habsburgermacht Österreich nach und nach den Rang abläuft. Die Gründe für diese überraschende Entwicklung liegen wohl in der Tatsache, dass es der preußische König ist, der 1848 hinter der schwarz-rot-goldenen Flagge der Revolution durch Berlin reitet, wenn auch mehr gezwungen als gewollt.

Darüber hinaus stellt Preußen in Deutschland die einzige Großmacht dar, die über ein Staatsgebiet verfügt, auf dem abgesehen von den Polen in den Ostprovinzen eine überwiegend deutschsprachige Bevölkerung lebt, während Österreich ein buntes Vielvölkergemisch umfasst und bei einer nationalen Führungsrolle in Deutschland seine nicht-deutschsprachigen Gebiete hätte abtreten müssen.

Für Preußen als deutsche Hegemonialmacht bei der deutschen Einigung spricht zu diesem Zeitpunkt auch die Tatsache, daß dieses Land in seiner Rolle als europäischer Emporkömmling des 17. und 18. Jahrhunderts insgesamt im Vergleich zu Österreich einen „traditionslosen Kunststaat“ darstellt, der gerade auch dadurch territorial scheinbar unbegrenzt ausdehnbar ist. Dies sollte sich in den folgenden Jahren, zumindest bis zu einem gewissen Maß, auch so bewahrheiten.

Nach der in Deutschland unter tatkräftiger Mithilfe Preußens gescheiterten Revolution von 1848/49 ist die Frage der Nationalstaatsbildung im nördlichen Mitteleuropa auf die Dauer aber nicht mehr zurückzudrängen. Nachdem auch kleinere Nationen wie Griechenland (1829), Belgien (1830/31) sowie schließlich auch Italien 1859/61 ihre unabhängigen Nationalstaaten gegründet haben, übernimmt Preußen die staatlich-politische Führungsrolle innerhalb der deutschen Nationalbewegung. Ein erster Versuch einer deutschen Einigung scheitert 1850 noch am vehementen Widerstand Österreichs (Olmützer Punktation), das zu diesem Zeitpunkt noch die beherrschende Macht in Mitteleuropa darstellt. Dem seit 1862 in Preußen nach einem schweren Konflikt zwischen König und Parlament als letzter Nothelfer an die Macht gelangten Ministerpräsidenten Otto von Bismarck dagegen gelingt es, die deutsche Frage und die deutsche Nationalbewegung zu instrumentalisieren, um über diese Schiene die schwebende Konkurrenzsituation zwischen den beiden mitteleuropäischen Großmächten Österreich und Preußen zu einer Lösung zu führen.

Otto Eduard Leopold von Bismarck

Dabei wählt Bismarck diesen nationalen Kurs nicht in erster Linie, um endlich einen geeinten deutschen Nationalstaat in den Sattel zu heben, sondern vor allem anderen für eine Machtsicherung Preußens gegenüber der österreichischen Konkurrenz, die er angesichts der obwaltenden nationalistischen Großwetterlage nur noch auf diesem Wege zu verwirklichen sieht. Der preußische Ministerpräsident verfolgt dabei keineswegs einen genau festliegenden Stufenplan, der über drei Kriege von 1864 zielstrebig zum Deutschen Kaiserreich von 1871 führt, wie dies die preußenverherrlichende Geschichtsschreibung darstellt und es im Nachhinein scheinen mag, sondern er handelt jeweils nach den Notwendigkeiten und Gelegenheiten der Situation.

Durch diese „obrigkeitsstaatliche“ Lösung der deutschen Frage lässt sich die national-demokratische Bewegung auch besser kanalisieren und die Gefahr allzu großer sozialer Veränderungen vermeiden, die bei einer stärkeren Berücksichtigung einer Volksbewegung gedroht hätte. Somit kommt diese Variante der nationalen Einigung auch den Bedürfnissen des preußisch-deutschen Bürgertums entgegen, das sich vor nichts mehr fürchtet als vor dem Schreckgespenst einer neuen Revolution.

Die Rivalität zwischen der Donaumonarchie und Preußen ist zu diesem Zeitpunkt schon über ein Jahrhundert alt und rührt aus der Zeit der Schlesischen Kriege, mit denen Friedrich II. Österreich Gebiete entreißt und der steile Aufstieg Brandenburg-Preußens beginnt, der die österreichische Großmachtdominanz in Mitteleuropa zumindest gefährdet. Durch den territorialen Zugewinn Preußens nach 1815, vor allem aber dank der wirtschaftlichen Modernisierung des Landes, in der es Österreich längst überholt hatte, sowie der Gründung des Zollvereins unter preußischer Dominanz verschärft sich die Konkurrenz-Situation insgesamt noch.

Bismarck glaubt deshalb schon 1856 als Gesandter Preußens beim Deutschen Bund in Frankfurt erkannt zu haben, daß es mit Österreich in und um Deutschland auf absehbare Zeit zu einer Auseinandersetzung kommen müsse. Dementsprechend gestaltet er seit seinem Machtantritt als preußischer Ministerpräsident 1862 seine Politik der Habsburgermonarchie gegenüber. Schon 1863 läßt er den letzten österreichischen Versuch scheitern, den dahinsiechenden Deutschen Bund noch einmal funktionstüchtig zu machen, indem er den heftig widerstrebenden König Wilhelm I. dazu überredet, an dem zu diesem Zweck angesetzten Fürstentreffen gar nicht mehr teilzunehmen. Über die Schleswig-Holstein-Frage finden zwar beide Mächte zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen Dänemark, um sich vor der inzwischen mächtigen deutschen Nationalbewegung ordentlich in das rechte Licht setzen zu können. Indes nutzt Bismarck die gemeinsame Verwaltung von Schleswig-Holstein durch Preußen und Österreich als geeignetes Streitobjekt, um durch eine gezielte Eskalation 1866 gegen Österreich den entscheidenden Krieg um die Hegemonie in Deutschland führen zu können.

Schlacht bei Königgrätz

Der Sieg Preußens bei der böhmischen Festung Königgrätz lässt Europa erneut aufhorchen.Der Kardinalstaatssekretär des päpstlichen Kirchenstaates Antonelli lässt sich gar zu dem Stoßseufzer hinreißen: „Casca il mondo“ („die Welt stürzt ein“). Zwar geht auf den böhmischen Schlachtfeldern 1866 noch nicht die Welt unter, doch mit der österreichischen Vorherrschaft in Mitteleuropa ist es vorbei.

Preußen erhält mit dem Frieden von Prag nicht nur einige wichtige territoriale Zugewinne (Frankfurt, Hannover, Teile Sachsens u.a.) und steigert seine Dominanz im deutschen Ländersystem noch weiter, sondern es erreicht über den 1867 ins Leben gerufenen Norddeutschen Bund mit Sachsen, den Thüringischen Staaten und Hessen (nördlich des Mains) bereits ein Kleindeutschland, dem jetzt nur noch die süddeutschen Staaten fehlen. Diese süddeutschen Länder, die 1866 noch auf der Seite Österreichs gegen die hier wenig beliebten Preußen gekämpft haben, finden sich vier Jahre später dank der inzwischen übermächtigen nationalen Bewegung auf der Seite Preußens bzw. des Norddeutschen Bundes wieder, als es darum geht, den Versuch Napoleon III. von Frankreich zu vereiteln, die endgültige preußisch-deutsche Vereinigung zu verhindern.

Nach dem Sieg über die französischen Truppen im Winter 1870/71 hat Bismarck nicht nur mit einigen süddeutschen Fürsten über die endgültige Ausgestaltung des neu zu gründenden Deutschen Kaiserreiches zu verhandeln und den bayerischen König Ludwig II. mit entsprechenden Geldzahlungen gefügig zu machen. Er muß insbesondere seinen eigenen Herrn, den preußischen König Wilhelm I. davon überzeugen, von nun an als Deutscher Kaiser zu fungieren.

Die Kaiserproklamation

Wilhelm I. ist, als er sich zu diesem Schritt endlich durchringen kann, den Tränen nahe, weil er den Untergang Preußens besiegelt sieht. Der weitere Verlauf der deutschen Geschichte sollte letztlich eher ihm recht geben als Bismarck, der für Preußen zu handeln glaubte und der Meinung war, daß Deutschland in Preußen aufgehen würde. Das Gegenteil sollte der Fall sein. Es mutet insgesamt durchaus paradox an, dass gerade der „Kunststaat“ Preußen, der mit seiner königlichen Kernregion (Ost-) Preußen am Beginn des 18. Jahrhunderts noch außerhalb des Deutschen Reiches liegt, ein Jahrhundert später den deutschen Nationalstaat ins Leben ruft.

Neben dem großen Chor der Jubler und Propagandisten des preußischen Weges der deutschen Einigung, zu denen auch die wichtigsten Historiker dieser Zeit gehören, vor allem Treitschke, Sybel und Droysen, gibt es 1871 auch Zeitgenossen, die das neue preußisch geprägte Deutsche Reich für gefährlich halten. Zu ihnen gehören der Historiker Georg Gottfried Gervinus sowie auch Friedrich Nietzsche, der in dem Sieg von 1870/71 die „Niederlage, ja Exstirpation [Auslöschung] des deutschen Geistes zugunsten des Deutschen Reiches“ zu erkennen glaubt. Ihre Äußerungen bleiben aber Einzelstimmen innerhalb der überwiegenden Mehrheit derjenigen, die sich mit der deutschen Einigung von 1871 am Ziel ihrer nationalen Sehnsüchte angekommen sehen. Aber auch die süddeutschen Staaten mit ihren teilweise liberalen Traditionen zählen zunächst zu den Verlierern der Entwicklung, denen es angesichts der realen Machtverhältnisse kaum gelingt, ihre Vorstellungen von politischer Kultur und Verfasstheit in das neue Deutsche Reich einzubringen.

Die Folgen, die die deutsche nationale Einigung unter preußischer Hegemonie für Deutschland insgesamt und für Preußen selbst in der Zukunft haben sollte, sind 1871 in ihrer ganzen Tragweite noch nicht abzusehen und in der Forschung teilweise bis heute strittig. Auf der Hand liegt aber, daß das neue Deutsche Kaiserreich von seinem mit Abstand größten und mächtigsten Gliedstaat Preußen dominiert wird. Dafür sorgt schon der föderale Charakter der Reichsverfassung, der zwar von den süddeutschen Staaten gewünscht ist und deren Selbständigkeit auch stärkt, gleichzeitig aber auch Preußens Dominanz festschreibt, die zunächst von keiner Zentralgewalt überwölbt wird. Das preußische Staatsgebiet macht zwei Drittel des gesamten Territoriums des Deutschen Reiches aus, drei Fünftel seiner Einwohner leben in der Hohenzollernmonarchie. Wie deutlich die Hegemonialmacht Preußen innerhalb des Kaiserreiches alle anderen Einzelstaaten übertrifft, zeigt die Tatsache, dass der Haushalt Preußens bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges höher ist als der des Deutschen Reiches. So betragen die Gesamtausgaben des Deutschen Reiches im Haushaltsjahr 1898 knapp 1,6 Milliarden Mark, die Preußens aber mehr als 2,3 Milliarden Mark.

Deutschlands Zukunft

Von größerer Tragweite sind aber die Folgen der deutschen Einigung unter preußischer Hegemonie für die politische Kultur in Deutschland. Durch die überragende Bedeutung, die der Einzelstaat innerhalb des Reiches einnimmt, durch die Tatsache, daß Preußen zunächst einmal einen Teil der neuen Bürokratie und des Regierungsapparates des Reiches stellt bzw. beide Verwaltungsapparate durch Personalunion verbunden sind sowie durch die Rolle, die Preußen bei der deutschen Einigung spielt, setzt sich das politische Gesamtkonzept Preußen und seine politische Kultur auch in vielen Teilen des neuen Kaiserreiches durch. Die „ Verpreussung“ Deutschlands zeigt sich u. a. in der politischen Haltung des Großbürgertums, das mit dem Adel gegen Arbeiterbewegung, Parlamentarismus und demokratische Mitwirkungsrechte der Bevölkerung ein Bündnis eingeht. Dazu gehört des weiteren der teilweise gelungene Versuch, die politische Untertanenkultur Preußens auf die Reichsebene zu übertragen und eine freie Staatsbürgerkultur auf der Basis der Freiheit zu verweigern. Weitere Symptome dieser Entwicklung sind die allgemeinen Militarisierung des Bildungsbürgertums sowie in deren Gefolge einer „Verpreussung“ auch des deutschen Geschichtsbildes (Preußen-Mythos).

Und somit erhält auch das Lied der Deutschen den nationalen Geist aller Deutschen Völker:

Die erst zum 01. Oktober 2011 für den Nationalstaat Deutschland und in Kraft trat.




Anschluß von Deutschösterreich an Deutschland am 12. November 1918

gelesen: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Anschlusspl%C3%A4ne_%C3%96sterreichs_und_%C3%B6sterreichischer_Bundesl%C3%A4nder_nach_1918

Nachfolgend, haben wir den Bericht so belassen, wie er veröffentlicht wurde, und am Ende dieses Berichtes bietet die MmgZ-Redakition einige Gedanken und Fragestellungen an.

Anschlußpläne Deutschösterreichs und österreichischer Bundesländer nach 1918

Die Stadt Memmingen schließt sich der Stadt Kempten an und interveniert am 5. April 1919, im Vorfeld der Volksabstimmung in Vorarlberg über den Anschluss an die Schweiz, zugunsten des Vorarlberger Beitritts zum Deutschen Reich. (Archiv der Landeshauptstadt Bregenz)

„Unsere einzige Rettung ist Deutschland“. Propaganda für die Abstimmung im Land Salzburg über den Anschluss an Deutschland am 29. Mai 1921. Das Plakat zeigt vor der Festung Hohensalzburg den „Salzburger Stier“, der Grenzpfähle mit den Farben Deutschlands, Österreichs und Bayerns niederreißt. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Plakatsammlung)

von Rolf Steininger

Nach der Revolution von 1918 erklärte sich die Republik Deutschösterreich zum Bestandteil des Deutschen Reichs. Ein Anschluss an Deutschland wurde aber 1919 durch die Friedensverträge von Versailles und Saint Germain untersagt. (Zusatz aus der MmgZ-Redaktion: Von Seiten der Deutschösterreicher und der Deutschen bis heute nie außer Kraft gesetzt) Im Lauf des Jahres 1921 verlagerte sich die Anschlussbewegung auf die Ebene der Länder, als in Tirol und Salzburg Abstimmungen über den Anschluss an Deutschland stattfanden. Obwohl im Oktober 1922 nochmals untersagt, blieb die Frage der Vereinigung Österreichs mit Deutschlands weiterhin als politische Forderung bestehen. Die BVP instrumentalisierte sie in der Debatte um die Stärkung des innerdeutschen Föderalismus.

Inhaltsverzeichnis

12. November 1918 – Beschluss zur Vereinigung „Deutschösterreichs“ mit der „Deutschen Republik

Die „Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich“, die sich am 21. Oktober aus den 1911 gewählten Reichsratsabgeordneten des deutschen Siedlungsgebietes der Habsburger Monarchie konstituiert hatte, verabschiedete am 12. November 1918 eine Verfassung für den neuen Staat. Deren Artikel 2 lautete: „Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik“. Der sozialdemokratische Staatskanzler Karl Renner (1870-1950) erklärte an jenem Tag im Parlament: „Wir sind ein Stamm und eine Schicksalsgemeinschaft.“

Am 12. März 1919 wurde der Beschluss von der konstituierenden Nationalversammlung „feierlich wiederholt, bestätigt und bekräftigt“. Außenminister Otto Bauer (1881-1938) bezeichnete in einer programmatischen Rede „die Vereinigung Deutschösterreichs mit der großen Deutschen Republik […] heute wieder als unser Programm“.

Gründe für die Anschlussbewegung

Karl Renner sah 1945, als erster Kanzler auch der Zweiten Republik, folgende Ursache für die Anschlussbewegung: Die Angst vor Hunger und Arbeitslosigkeit habe 1918 jeden an den Anschluss als einzig mögliche Lösung denken lassen: „Österreichs wirtschaftliche Lage verstehen, bedeutet, die Bewegung für den Anschluss zu verstehen.“

Die Anschlusseuphorie der Sozialdemokraten hatte aber auch andere Gründe: Ihr Ziel war die Bildung einer Einheitsfront mit den deutschen Sozialdemokraten, wie es in einem Wahlaufruf vom 4. Februar 1919 hieß: „Wir wollen uns mit dem roten Deutschland vereinen. Vereinigung mit Deutschland bedeutet jetzt Vereinigung mit dem Sozialismus.“

Ähnliche Begeisterung für den Anschluss zeigten neben den Sozialdemokraten die Deutschnationalen. Die Christlich-Sozialen standen dagegen einem von den Sozialdemokraten geförderten „roten Deutschland“ skeptisch gegenüber.

Anfängliche Skepsis in Berlin

Die Wiener Entscheidung vom 12. November 1918 stieß in Berlin zunächst auf Skepsis, denn schon am 9. November waren die im Falle eines Anschlusses wesentlich härteren Friedensbedingungen der Entente bekannt geworden.

Dennoch wurde in den folgenden Wochen der Anschlussgedanke in Deutschland immer populärer. Schon das Reichswahlgesetz vom 30. November 1918 sprach vom eventuellen Anschluss Deutschösterreichs. Das am 10. Februar 1919 von der Weimarer Nationalversammlung verabschiedete „Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt“ sah vor, dass „wenn Deutschösterreich sich dem Deutschen Reich anschließt“, es am Staatenausschuss teilnehmen solle.

Der Vereinigungsplan: Das Berliner Protokoll vom 2. März 1919

Bauer und der deutsche Außenminister Ulrich Graf Brockdorff-Rantzau (1869-1928) unterzeichneten am 2. März 1919 in Berlin ein Protokoll, dessen wichtigste Passagen trotz Geheimhaltung zur Kenntnis der Entente gelangten.

Das „Berliner Protokoll“, so Bauer im Januar 1922 im Nationalrat, sah vor, „in welcher Weise, wenn der Anschluss an Deutschland vollziehbar wird, er vollzogen werden soll“. Beide Seiten waren übereingekommen, in dieser Frage schrittweise vorzugehen und mit Rücksicht auf die Friedensverhandlungen auf ein Fait accompli zu verzichten. Die Entente sollte nicht vor vollzogene Tatsachen gestellt werden. Das „Berliner Protokoll“ traf als Absichtserklärung bezeichnenderweise keine Aussage über den Zeitpunkt des Anschlusses. Dennoch nahm im Frühjahr 1919 eine Kommission vorbereitende Beratungen auf.

Anschlussverbot durch die Pariser Vorortverträge 1919

Vor allem angesichts der Gegnerschaft Frankreichs scheiterten die Anschlusspläne. Sowohl der am 28. Juni 1919 von Deutschland unterzeichnete Friedensvertrag von Versailles als auch der Friedensvertrag von Saint Germain vom 10. September 1919 verboten in ihren Artikeln 80 bzw. 88 den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. (Zusatz aus der MmgZ-Redaktion: des Verbot wurde nur für Österreich erteilt – NICHT für Deutschösterreich) Die Siegermächte wollten dem geschlagenen Deutschland eine Gebietserweiterung oder eine Zunahme seiner Bevölkerung um sechseinhalb Mio. Menschen nicht zubilligen.

Reaktion der Österreichischen Nationalversammlung – „Deutschösterreich“ wird die „Republik Österreich“

Die österreichische Nationalversammlung nahm den Vertrag von Saint Germain am 6. September 1919 unter Protest an. Am 21. Oktober 1919 änderte sie dem Vertrag entsprechend den Staatsnamen von „Deutschösterreich“ in „Republik Österreich“ und setzte „in Durchführung des Staatsvertrages von St. Germain die bisherige Bestimmung ‚Deutschösterreich ist ein Bestandteil des Deutschen Reiches‘ außer Kraft“.

Verlagerung der Anschlussbewegung auf die Länderebene 1921

In den Augen weitester Kreise seiner Bevölkerung war Österreich nicht lebensfähig und der Anschluss der einzige Weg aus dem immer größer werdenden Elend. Im Gegensatz zur sozialistisch geprägten Anschlussbewegung von 1918/19 trugen die Entwicklung nun christlichsozial-konservativ geprägte Länder, die sich vom „roten“ Wien lossagen wollten. Dabei spielte eine schon länger vorhandene Abneigung gegen die Zentrale eine wichtige Rolle.

Schwerpunkte der Anschlussbewegung 1921 waren die Länder Tirol, Salzburg und die Steiermark, nachdem schon am 11. Mai 1919 eine Abstimmung in Vorarlberg eine Mehrheit von über 80 % für einen Anschluss an die Schweiz ergeben hatte.

In Tirol stimmten bei einer Volksabstimmung am 24. April 1921 über 98 % für den „Zusammenschluss“ mit dem Deutschen Reich, bei einer inoffiziellen Befragung in Salzburg sogar 99 % – wenngleich in beiden Fällen massive Propaganda, Manipulationen und unklare Zahlen den Wert der Abstimmungsergebnisse schmälerten. Weitere Abstimmungen unterblieben aufgrund des Drucks der Siegermächte und mit Blick auf die bevorstehenden Plebiszite im Burgenland und in Kärnten.

Am Ende dieser Entwicklung musste sich die Republik Österreich bei einer Anleihe des Völkerbundes im Oktober 1922 erneut verpflichten, für die nächsten „zwanzig Jahre“ gemäß dem Wortlaut des Artikels 88 des Vertrages von Saint Germain „ihre Unabhängigkeit nicht aufzugeben“.

Die Rolle Bayerns

Aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft war die Frage eines möglichen Beitritts Österreichs zum Deutschen Reich von großer Bedeutung für Bayern. Die vor 1918 gegen einen Beitritt Österreich-Ungarns erhobenen, vor allem agrarpolitischen Bedenken spielten dabei keine Rolle mehr.

Sehr weitgehende Überlegungen äußerte der BVP-Politiker Georg Heim (1865-1938), der im November 1918 vorschlug, Bayern solle aus dem Deutschen Reich austreten und mit den stammesverwandten Ländern Österreichs – Tirol, Salzburg und Oberösterreich, eventuell noch Vorarlberg – einen eigenen Staat bilden. Trotz offizieller Distanz der BVP und der von ihr getragenen bayerischen Regierungen zu diesen separatistischen Plänen bildete das Kriterium der „Stammesverwandtschaft“ die Grundlage der bayerischen Österreichpolitik während der Weimarer Republik. Angesichts der nach 1918 eindeutig an das Reich übergegangenen außenpolitischen Kompetenz blieb aber der Spielraum bayerischer Politik begrenzt; eigenständige Versuche Bayerns, sich 1920/21 in der Anschlussfrage zu profilieren, führten zu energischen Protesten aus Berlin; Treffen bayerischer und österreichischer Politiker fanden nur im privaten Rahmen statt. Enge Beziehungen unterhielten die bayerischen Regierungen der Zwischenkriegszeit nur mit Tirol. Die spektakulärste Aktion bayerischer Tirolpolitik war dabei die Attacke von Ministerpräsident Heinrich Held (1868-1938) auf das faschistische Italien wegen dessen Südtirolpolitik am 4. Februar 1926.

Die Kontaktpflege mit den anderen österreichischen Ländern blieb weitgehend der lokalen Politik überlassen. Hierzu zählten um 1920/21 die Bemühungen der Bürgermeister schwäbischer Städte, vor allem des Lindauer Oberbürgermeisters und späteren NS-Ministerpräsidenten von Bayern, Ludwig Siebert (1874-1942), den Vorarlberger Anschlussbeschluss an die Schweiz zu revidieren.

Bedeutung des Anschlussgedankens in der Reichsreformdebatte

Der Anschlussgedanke war gleichzeitig auch von hoher innenpolitischer Bedeutung für die Reichsreformdebatte, da ihn die BVP instrumentalisierte, um den innerdeutschen Föderalismus zu stärken.

So formulierte 1930 Alois Hundhammer (1900-1974): „Übrigens würden Österreich und Wien, von deren Anschluß an das Reich man soviel redet, nie einem von Berlin aus beherrschten Einheitsstaat sich einordnen. Wer es wirklich ernst meint mit einem Großdeutschland, in das auch Österreich heimkehren soll, der muß aus nationalen Gründen eintreten für ein förderalistisch gestaltetes Deutsches Reich.“ (Oliver Braun [Bearb.], Die staatsbürgerlichen Vorträge von Alois Hundhammer aus den Jahren 1930 und 1931, München 2005, 59).

Ausblick: Der Anschluss Österreichs 1938

Im März 1938 führten die Nationalsozialisten den Anschluss unter ganz anderen Vorzeichen gewalttätig herbei. Noch in Linz ließ Adolf Hitler (1889-1945) am 13. März 1938 das Gesetz über die „Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ ausarbeiten, das sofort in Kraft trat. Sein Artikel 1 – „Österreich ist ein Land des Deutschen Reiches“ – erinnerte in fataler Weise an 1918, obwohl doch alles ganz anders war.

Literatur

  • Thomas Albrich/Klaus Eisterer/Rolf Steininger (Hg.), Tirol und der Anschluß: Voraussetzungen, Entwicklungen, Rahmenbedingungen 1918-1938 (Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 3), Innsbruck 1988.
  • Werner Dreier/Meinard Pichler, Vergebliches Werben. Mißlungene Vorarlberger Anschlußversuche an die Schweiz und an Schwaben (1918-1920) (Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs 5), Bregenz 1989.
  • Rolf Steininger, Der Staatsvertrag. Österreich im Schatten von deutscher Frage und Kaltem Krieg 1938-1955, Innsbruck/Wien/Bozen 2005.
  • Rolf Steininger, Die Anschlußbestrebungen Deutschösterreichs und das Deutsche Reich 1918/19, in: Arbeitskreis für regionale Geschichte (Hg.), „Eidgenossen, helft Euren Brüdern in der Not!“ Vorarlbergs Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten 1918-1922, Feldkirch 1990, 65-83.
  • Michael Weigl, Das Bayernbild der Repräsentanten Österreichs in München 1918-1938. Die diplomatische und konsularische Berichterstattung vor dem Hintergrund der bayerisch-österreichischen Beziehungen (Europäische Hochschulschriften III 1013), Frankfurt am Main u. a. 2005, v. a. 29-50.

Weiterführende Recherche

Externe Links

Empfohlene Zitierweise

Rolf Steininger, Anschlusspläne Österreichs und österreichischer Bundesländer nach 1918, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Anschlusspläne_Österreichs_und_österreichischer_Bundesländer_nach_1918> (30.08.2019)

Gedanken und Fragen der Redaktion, zu diesem Bericht, denn die Wahrheit sollte unser gemeinsames Ziel sein:
Nach 100 Jahren alliierter- und zionistischer Unterdrückung, muß der Wille der Deutschen Völker erfüllt werden.
Ohne das Deutschösterreich im ewigen Bund, wird das Preußen nie weider erstehen können?
Es gibt keinen völkerrechtlichen Nachweis, daß den Beitritt Deutschösterreichs in Frage stellt – also packen wir es an.
Würde wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, den Menschen vor Ort zu helfen, statt unnötige Wahlschlachten von staatenlosen Parteien zu fördern, dann könnte wir endlich unsere eigenen Probleme bewältigen.