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Philosophie der Dummheit
Gegen Denkfaulheit und Ignoranz
Bringt Dummheit uns in Gefahr durch mutwillige Ignoranz? Oder ist sie einfach menschlich und hat moralisch sogar gute Seiten? Philosophin Petra Gehring und Psychiaterin Heidi Kastner diskutieren das vermeintlich simple Thema ziemlich kontrovers.
Wer ein Verhalten dumm nennt, sieht nichts Gutes darin. Das versteht sich heute quasi von selbst. Aber es war nicht immer so, sagt Petra Gehring, Professorin für Philosophie an der TU Darmstadt. Vor dem Beginn der Neuzeit kursierten viele Geschichten und Erzählungen, in denen der oder die „Dumme“ als durchaus sympathische Gestalt in Erscheinung trat.
Merkmale der „guten Einfalt“
„Unschuld, Kindlichkeit, Staunenkönnen, Treue, beim Eindeutigen bleiben, dem Schein vertrauen, keine Hintergedanken, keine Kalküle verfolgen“, all diese Eigenschaften könnten als Stärken aufgefasst werden, sagt Gehring: als moralisch positive Merkmale einer „guten Einfalt“.
Man blendet unliebsame Erkenntnisse aus, zieht die momentane, eigene Befindlichkeit vor und verschließt sich dem Nachdenken über die Folgen.
Unwillle, gründlich nachzudenken
Mit eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder mangelnder Bildung hat „Dummheit“ für Kastner und Gehring nichts zu tun. Dass jede und jeder von uns sich einmal dumm verhalten kann, sei „eine unvermeidbare Auswirkung der Conditio humana“, so Kastner.
Problematisch sei nicht eine angebliche Unfähigkeit, vernünftige Entscheidungen zu treffen, sondern der Unwille, sich dafür gut zu informieren und gründlich nachzudenken, meint auch Petra Gehring.
Probleme wirft Dummheit auf, wenn es sich um Gedankenfaulheit handelt, Bequemlichkeit dahintersteckt oder gar Borniertheit, Rechthaberei, Unbelehrbarkeit, Oberflächlichkeit, Arroganz.
„Entschleunigung ist ein Weg zur, guten Dummheit‘, wie auch ein Weg zur Klugheit.“
Heidi Kastner: „Dummheit“
Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2021
101 Seiten, 18 Euro